Ausstellung zur Musikgeschichte am Starnberger See
In einer Projektarbeit konzipierten Studierende eine erfolgreiche Wanderausstellung
21.10.2019 um 00:00 Uhr
„Blauer Himmel, blaue Wogen“– so beginnt ein Gedicht, das Johannes Brahms (neben anderen bekannten Kompositionen) während seines Sommeraufenthalts in Tutzing 1873 vertonte. Ein anderer sehr prominenter Gast am See war Richard Wagner, der von seinem königlichen „Fan“ Ludwig II. im Frühjahr 1864 nach Kempfenhausen geholt wurde. Dort konkretisierte sich die schicksalhafte Dreiecksgeschichte zwischen Wagner, seiner Geliebten Cosima und deren Ehemann, dem Dirigenten Hans von Bülow. Auch der Komponist Franz Lachner, als Münchner Operndirektor von Bülow und Wagner ausgebootet, verbrachte seine Sommerfrischen am Starnberger See, wo er wiederum Johannes Brahms empfing: ein komplexes musikalisches Beziehungsgeflecht also. Weitere bunte Kapitel der See-Musikgeschichte sind Ausflüge des Komponisten Carl Maria von Weber, der auf einer Bootsfahrt bei Gewitterstimmung Sätze seines 2. Klarinettenkonzerts schrieb; der Zither spielende Herzog Max auf Schloss Possenhofen; Richard Strauss, der in Feldafing seine Frau Pauline kennenlernte, der er viele Lieder widmete – oder die "Farblichtmusik" des Ungarn Alexander Laszlo, der in den 1920er Jahren in Starnberg lebte und später im Exil in Hollywood Filmmusik komponierte. Wolfgang Amadeus Mozarts Besuch im Kloster Bernried hingegen ist Legende – die sich jedoch seit dem 19. Jahrhundert in der Region hält…
Im Vergleich zu den Literaten und Malern ist die Geschichte der Komponisten und Musiker am Starnberger See jedoch bisher wenig dokumentiert. Dr. Christian Lehmann, selbst im Landkreis Starnberg zu Hause, nahm diese historiographische Lücke zum Anlass, im Rahmen des Moduls „Angewandte Musikwissenschaft“ und in Kooperation mit Studiengangskoordinator Jan Golch ein Projektseminar zur Planung und Realisation einer Ausstellung über die Musikgeschichte am Starnberger See anzubieten.
Bereits im Vorfeld konnte die Münchner Volkshochschule als Partner gewonnen werden, ihr Seminarhaus Buchenried in Berg am Starnberger See als ersten Ausstellungsort zur Verfügung zu stellen und die Organisation der Vernissage im April 2019 zu übernehmen. Nachdem finanzielle Unterstützungen durch das Praxisbüro des Departments Kunstwissenschaften der LMU (800 Euro) und durch die Stiftung der Kreissparkasse Starnberg (1400 Euro) in Aussicht gestellt werden konnten, waren bereits zu Beginn der Lehrveranstaltung notwendige Rahmenbedingungen geschaffen, um das anvisierte Projekt auch konkret in die Tat umsetzen zu können.
Diese günstigen Umstände trugen wesentlich zur hohen Motivation der 13 Kursteilnehmer*innen bei, sich zielorientiert der inhaltlichen Planung, der Sammlung und Auswahl von Dokumenten sowie Musikstücken, der Vernetzung mit anderen Fachgebieten, der Textarbeit und den Fragen zu einer dem Publikum angemessenen Präsentation zu widmen. Außerdem fielen wichtige Aufgaben an, die außerhalb der normalen Studiengegenstände liegen, aber bei Projektrealisationen eine große Rolle spielen: Kostenplanung, Klärung von Urheber- und Leistungsschutzrechten, Auswahl der geeigneten Medien, grafische Gestaltung, Sponsorensuche, Presse- und Social-Media-Arbeit, Einholen von Firmenangeboten, Kommunikation mit Kooperationspartnern, logistische Fragen und Veranstaltungsorganisation. Bei einer der beiden Exkursionen zu Aufenthaltsorten von Komponisten am Starnberger See wurde auch der Ausstellungsraum im Haus Buchenried der MVHS besichtigt. Zur Präsentation der Text- und Bildinhalte wurden daraufhin Roll-up-Banner gewählt, auch, um die Ausstellung möglichst mobil zu machen. Um Musikbeispiele zu Gehör bringen zu können, wurde eine einfach zu bedienende Hörstation konzipiert, zusätzlich eine Spotify-Liste, die die Ausstellungsbesucher per Smartphone über einen QR-Code erreichen können. Die Ausstellung erhielt – nach dem von Johannes Brahms in Tutzing vertonten Gedicht – den Titel Blauer Himmel, blaue Wogen.
Am 5. April 2019 fand in Haus Buchenried die Vernissage statt, bei der die Studierenden aktiv mit Präsentation, Musikbeiträgen und Besucherführung beteiligt waren. Bei den über 100 Gästen stieß die Ausstellung auf reges Interesse. Nach Ende der Ausstellung in Berg Anfang Juni wanderte sie auf Initiative des Vereins der Freunde der Musikwissenschaft München e.V. sogleich in die Thomas-Mann-Halle im LMU-Hauptgebäude, wo sie bis Ende Juni blieb, verabschiedet von einer musikalischen Finissage im Institut am 27. Juni 2019. Ende Juli wanderte die Ausstellung zur Graf-Pocci Gesellschaft nach Münsing am Starnberger See, wo sie noch bis Anfang Oktober zu sehen war. Im Sommer 2020 wird das Ortsmuseum Tutzing die Ausstellung zeigen und sogar mit eigenen, thematisch einschlägigen Exponaten ergänzen.
Die interdisziplinäre Vernetzung von Musikwissenschaft, Musikvermittlung und in diesem Fall Historiographie und Regionalforschung war für die Studierenden ein echter Gewinn, zumal die Präsentation vor „echten“ Publikum für eine besondere Motivation zu einer verständlichen Vermittlung und für befriedigendes Feedback gleichermaßen sorgt. Ein Folgeprojekt wird anvisiert.
Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung der Kreissparkasse Starnberg, des Programms Lehre@LMU und des Vereins der Freunde der Musikwissenschaft München e.V.