Institut für Musikwissenschaft
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E-LAUTE - Die Laute im deutschsprachigen Raum 1450–1550

e-laute

Im Projekt E-LAUTE (Electronic Linked Annotated Unified Tablature Edition)

erstellen wir eine umfassende elektronische Edition von Lautentabulaturen (spezielle Notationen für Lauten) aus dem deutschsprachigen Raum zwischen 1450 und 1550. Auf Grund der heute nicht mehr verwendeten Notation ("Deutsche Lautentabulatur"), der über ganz Mitteleuropa verstreuten Aufbewahrungsorte der Manuskripte und der Mangel an ausgearbeiteten, einheitlichen Forschungsmethoden, wurde das Corpus (2.000 Seiten) in seiner Gesamtheit bisher nicht erschlossen und entschlüsselt und konnte somit nur punktuell ausgewertet werden. Es blieb daher sowohl für Wissenschaft und professionelle Musiker als auch für den weiteren Kreis von Interessierten kaum zugänglich.

Unser Ziel ist es, eine neuartige Form der Musikedition zu entwickeln: Eine "open knowledge platform", in der Musikwissenschaft, Musikpraxis, Musikinformatik und Literaturwissenschaft ineinandergreifen und herkömmliche Editionsmethoden in disziplinärer und interdisziplinärer Forschung vernetzen. Um eine umfassende moderne Gesamtedition zu gestalten, synchronisieren wir Computer-Hochtechnologie (Enkodierung, Verlinkung, Erkennung (OMR) und automatische Transkription) mit manueller Musiktranskription und musikalischer Aufführungspraxis. Als konzeptuellen Bestandteil der Edition betrachten wir Aufnahmen der Lautenmusik. Weiters werden sämtliche Komponenten mit musikhistorischen und aufführungspraktischen Informationen versehen und verlinkt. Die Edition wird dauerhaft von der Österreichischen Nationalbibliothek gehostet und in RISM integriert. Zusätzlich ermöglicht ein eigens entwickeltes Annotationstool unseren Nutzern, Kommentare, Beobachtungen und Interpretationen zu posten und damit die Werke zu co-edieren.

Das Teilprojektteam der LMU München arbeitet dabei am Pilot III -- Tabulaturnotation als Spiegelbild der Kultur des 16. Jahrhunderts. Bei diesem Pilotprojekt handelt es sich um eine musikhistorische Studie mit einem verstärkten theoretischen Ansatz im Bereich der Notation und ihrer historischen Semantik im Kontext der "cultural studies". Es wird untersucht, wie historiographische Methoden des 16. Jahrhunderts die Entstehung der Lautentabulatur und ihr zeitgenössisches Verständnis beeinflusst haben. Diese spezifische Art des Partitur-Schreibens etablierte sich, als die Historiographen begannen, die Geschichte der Menschheit in Form von Tabellen (figurae) intensiv zu erfassen. Die Sammlungen standen somit für eine neue Idee von "komprimiertem Wissen" (Steiner, 2008). Obwohl chronographische Tabellen auf den ersten Blick ganz anders aussehen als Lautentabulaturen, wird ein diskursanalytischer Ansatz zeigen, wie Tabulaturen im Allgemeinen konzipiert waren und wie sie in das "Denken in Diagrammen" der frühneuzeitlichen Kultur integriert wurden.
Exemplarisch wird in dieser Pilotstudie das Tabulaturbuch D-Mbs Ms. 1512 bearbeitet und untersucht. Das Repertoire dieser Tabulatur wird für weitere historische Diskussionen zur Lautennotation und ihrer diagrammatischen Darstellungsform (Krämer, 2016) bereitgestellt. Die Untersuchung der Texte und der Musik, die unsere Edition bietet, ermöglicht außerdem intertextuelle Bezüge zwischen D-Mbs Ms. 1512 und bekannten Quellen wie Sebastian Virdung's Musica getutscht (1511) oder Hans Newsidler's Ein Newgeordent Künstlich Lautenbuch (1536) zu verfolgen.

Projekthomepage: https://e-laute.info/de

Mitarbeitende:

Projektleitung:

Prof. Dr. Irene Holzer

wissenschaftliche Mitarbeiterin:

Mag. art. Olja Janjuš

Studentische Hilfskräfte:

Elias Schedler (Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Jochen Schnapka (LMU München)