Institut für Musikwissenschaft
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Der Topos Nacht in der Musik der Moderne / Postmoderne

Das zunächst auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt widmet sich dem in der Musikwissenschaft bisher kaum beachteten Topos der Nacht. Seit der Antike ist der Topos Nacht Gegenstand zahlreicher künstlerischer und philosophischer Auseinandersetzungen. An der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert rückt er jedoch ins Zentrum des künstlerisch-ästhetischen Diskurses. In der Folge entstehen zahlreiche Nacht-Werke, die neue künstlerisch-ästhetische Positionen formulieren; eine Entwicklung, die sich bis in die Gegenwart hinein verfolgen lässt. Bezeichnend ist, dass der Musik hierbei eine besondere Rolle zukommt; es ist kein Zufall, dass Friedrich Nietzsche die Musik die „Kunst der Nacht und Halbnacht“ bezeichnete. Überblickt man das Repertoire der Nacht-Kompositionen, die das 20. und 21. Jahrhundert hervorgebracht hat, so fällt nicht nur die Vielzahl der Hervorbringungen, sondern v.a. die große „Sprachen“- und Formenvielfalt auf.

Anliegen des Forschungsprojekts ist es, den Topos der Nacht in der aktuellen Musikforschung zu verankern. Erstmals soll eine repräsentative Auswahl von Nacht-Kompositionen in den Blick genommen und der Einfluss des Topos Nacht auf diese Werke untersucht werden. Ziel ist, über isolierte Einzelbetrachtungen hinauszugelangen und mit dieser erweiterten Perspektive Aussagen über das Spezifische der Nacht-Werke zu treffen. Der Fokus der analytischen Studien soll auf den kompositorischen Strategien liegen, mit denen Komponistinnen und Komponisten in andere Dimensionen der „Sprachlichkeit“ vordringen, um den Topos Nacht im künstlerischen Werk zu verankern und neue künstlerische „Aussagen“ zu formulieren. Es soll gezeigt werden, ob und in welcher Weise die Musik der Moderne / Postmoderne an die in der Romantik etablierten Gedanken- und Ideenkomplexe (1. Nacht als göttlicher/kosmischer Erfahrungsraum, 2. Nacht als Seelenraum, als Raum verborgener Geheimnisse, 3. Nacht als Quelle zum Unbewussten, zu den Träumen, 4. Nacht als Verheißung eines kommenden Zeitalters, 5. Nacht als Metapher dichterischen Sprechens, 6. Nacht als Daseinszustand, 7. Nacht als Schauplatz geisterhafter Wesen) anknüpft, wie sie ihnen neue musikalische Lesarten zuführt und sie für die Gegenwart aktualisiert. Ziel der Studie ist also, die diskursiven Kontinuitäten und Diskontinuitäten des Topos Nacht in der Musik der Moderne / Postmoderne zu beschreiben und auch eine Antwort auf die Frage zu geben, warum es gerade der Musik als der begrifffernsten aller Künste gelingt, den Ausdrucksbereich des Nächtlichen in der Moderne / Postmoderne nochmals zu erweitern.

Eine zentrale Frage, die die Analyse der Werke begleiten wird, ist die nach dem Status der der Rolle des (lyrischen) Textes. Denn wir haben es in der Mehrzahl mit Werken der Musikalischen Lyrik zu tun, bei denen der Text in der Regel nicht mehr im konventionellen Sinn vertont wird, sondern auf andere aus ausdeutende Weise in die musikalische Textur Eingang findet. (Auf einige Möglichkeiten im Umgang mit dem Text habe ich oben bereits hingewiesen.)

Förderer

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Projektleitung

Dr. phil. Ellen Freyberg

Kontakt

Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Musikwissenschaft
Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München
Mail: ellen.freyberg@lrz.uni-muenchen.de
Tel.: 0163 436 6064