Institut für Musikwissenschaft
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Ein Füllhorn an Daten (Bayernkurier vom 7. Februar 2009)

Einzigartig: Lexikon bayerischer Musiker

Bayernkurier vom 7. Februar 2009, Jahrgang 60, Nr. 06

München – Weil „Datenbank“ arg abstrakt klingt, lobt man sich den Titel „Bayerisches Musiker Lexikon“, auch wenn dazu noch das Wort „Online“ gehört. Nach jahrelanger Arbeit an Recherche und bibliographischer Aufschlüsselung ist nun auch die Pilotprojektphase des „BMLO“ abgeschlossen, und damit steht ein umfangreiches Musikerlexikon vom Mittelalter bis zur Gegenwart für jeden Interessierten im Netz. Bei Google ist es mit einem Zwischenstopp „aufzuschlagen“, und wer wissen will, wieviele Kastraten im Barock in Bayern geträllert haben, kommt mit einer einzigen Eingabe auf die Anzahl: 66 waren es. Über die meisten von ihnen stehen dem Nachforschenden Daten und biographische Artikel zur Verfügung.

Unter der Leitung von Joseph Focht wurden von der Lexikon-Redaktion bisher 25000 Datensätze bearbeitet, von denen das BMLO schon 20000 ediert hat. Darunter sind 10000 Personen, die erstmals „lexikalisch gewürdigt“ werden; dabei handelt sich nicht nur um bislang unentdeckte Genies. Das gewaltige Unternehmen, das aus einer Kooperation der Ludwig-Maximilians-Universität und der Bayerischen Staatsbibliothek entstanden ist, erschließt das gesamte in musikalische Tätigkeiten involvierte Bayern, wozu auch das kurpfälzische Mannheim gehört. Schließlich hat Carl-Theodor von dort sein erstklassiges Orchester mit nach München gebracht.

Mit dem Auswahlsystem von Namen, Orten, Zeiten oder Berufen macht man 1194 Geiger der bayerischen Musikgeschichte ebenso dingfest wie 3119 Instrumentenbauer. 15 von ihnen waren Geigenbauer in Mittenwald, zehn von ihnen haben etwa auch in Neuburg/Donau als Lautenmacher und Orgelbauer im Lauf von vier Jahrhunderten gearbeitet. Im BMLO erhält man beim genaueren Zugriff Eckdaten, Werkverzeichnisse, gelegentlich auch Audio- und Video-Dateien. Dazu erfährt man die Hilfe der Staatsbibliothek bei der Suche nach weiterführender Literatur.

„Weltweit gibt es kein vergleichbares Lexikon,“ lobt Hartmut Schick, Professor für Musikwissenschaft an der LMU und Vorsitzender der Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte. Ob für Historiker, Musikwissenschaftler, Heimatkundler, Journalisten, allgemein Musikinteressierte: Hier wird ein Füllhorn jener Daten ausgeschüttet, die ein Gutteil sozialer und kultureller Wirklichkeit ihrer Epochen spiegeln. Mit Kopfschütteln möchte man die Nachricht quittieren, dass die Weiterführung ab Sommer noch nicht finanziert ist. Von gut 50000 Euro für jeweils ein Jahr ist die Rede – für ein unvergleichliches Lexikon, auf das weltweit kostenlos zugegriffen wird. Billiger kann man ein Prestigeobjekt nicht haben.

Wolfgang Johannes Müller

www.bmlo.lmu.de