Großes Orchester (SZ vom 10. Dezember 2008)
Ein Online-Lexikon stellt rund 20 000 bayerische Musiker und Komponisten vor
Süddeutsche Zeitung vom 10. Dezember 2008
Josef Focht muss erst einmal beschwichtigen. Nein, es sei keine Heuschrecke, die die Website ziert, erklärt der Projektverantwortliche des Bayerischen Musiker-Lexikons Online (BMLO). Wäre auch reichlich unpassend, das Insekt abzubilden, das neuerdings zum Symbol für Geldgier mutiert ist. Schließlich handelt es sich hier ja um Themen fernab von Zockermentalität und schwindelerregenden Gehältern. Denn das Nachschlagewerk im Netz stellt ein bayerisches Who is Who der Musik dar, stellt Lautenmacher und Notendrucker, Zitherspieler und Jazzer vor. Als eine Art musikalisches Wappentier schmückt eine rote Grille die Website.
Über 20 000 Personen der bayerischen Musikgeschichte sind über die Datenbank abrufbar - mit ihren biographischen Daten, Werkverzeichnissen, passenden Lexikoneinträgen, Bibliographien, Audio- und Videodateien. „Weltweit gibt es kein vergleichbares Lexikon dieser Art", sagte Hartmut Schick, Professor für Musikwissenschaft an der Universität München (LMU) und Vorsitzender der Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte. Ein großer Vorteil des BMLO sei, dass es weit über die bloße Digitalisierung bereits vorhandener Daten hinausgehe. „Es hat da seine großen Stärken, wo Print seine Schwächen hat." Anders als in einem normalen Lexikon kann und soll man im BMLO nicht nur schon bekannte Namen nachschlagen, sondern die Besonderheiten digitaler Plattformen nutzen: So macht es die Kombination von Suchwörtern beispielsweise möglich, herauszufinden, wie viele protestantische Musiker es vor 1800 in München gegeben hat. „Es sind ganze zwei", sagt Schick. „So etwas hätte man kaum mit einem herkömmlichen Lexikon recherchieren können." Den Adressatenkreis der Datenbank haben die Initiatoren weit gefasst. Neben Historikern, Journalisten und Heimatkundlern sollen alle Musikinteressierten angesprochen sein. „Mit einem Printlexikon zu diesem Thema wären die meisten von ihnen wohl nie in Kontakt gekommen", sagte Schick. Die Datenbank ist aus einer Kooperation von LMU und Bayerischer Staatsbibliothek entstanden, www.bmlo.uni-muenchen.de lautet die Web-Adresse.
Kathrin Löther